Doch auch mit dem korrekten Akronym der Anfangsjahre trug die IVW noch nicht den heutigen Namen: Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern, sondern „Informationsstelle zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“ – nochmals zur Erinnerung, ursprünglich sollte es AVW: Auskunftsstelle über die Verbreitung von Werbeträgern heißen. Also auch die „Feststellung“ ist erst auf dem Weg der Gründung der IVW hinzugekommen. Dieses eine Wort ist nicht unwesentlich, signalisiert es doch, dass die IVW nicht objektiv über die Verbreitung Auskunft geben kann, sondern dass die Verbreitung inter-subjektiv in einem Aushandlungsprozess über Standards i.S.v. Definitionen wie „Auflage“, einige Jahrzehnte später dann „PageImpression“ zustanden kommt. Wie stellt die IVW eine Auflage oder eine PageImpression fest? Unter Zuhilfenahme seitenlanger Richtlinientexte (0 konsensual getroffener Standardisierungen) und deren Auslegungen in Form von Durchführungsbestimmungen oder via einer Dokumentation von Einzelfallentscheidungen in einem Prüf-Wiki. Auf dieser Basis wird dem Mitglied zertifiziert, dass seine Werbeträgerleistung nach den standardisierten Verfahren der IVW korrekt ermittelt sind und für die Kommunikation der Werbeträgerleitung verwendet werden dürfen.
Wo macht der heutigen IVW aber nun der in den 1950er Jahren geprägte Name heute Probleme?
Zum einen bei der Verengung auf die Auditierung von Werbeträgern. Andere joint industry committees verwenden in ihren Satzungen bewusst den Begriff Medien oder Medienangebote. Gerne würde man heute auch Plattformen oder Aggregatoren miteinbeziehen und man muss nicht lange überlegen, welche Medienangebote aus der IVW-Ausweisung ausgeschlossen sind, weil sie die Werbeträgereigenschaft in bestimmten Ausspielkanälen ihres Angebots nicht erfüllen: z.B. die Digitalangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter in Deutschland.
Zum anderen macht der Begriff „Verbreitung“ im Namen und damit auch in der Satzung der IVW heutzutage Schwierigkeiten: Was sollte unter den Begriff „Verbreitung“ subsummiert werden? Ist eine digitale Nutzung eine „Verbreitung“ oder kann dieser Begriff nur auf eine physische Auslieferung eines Werbeträgers (mittels des mittlerweile kostbaren Gutes Papier und auf einem Vertriebsweg) angewendet werden? Zugegeben teils philosophische Fragestellungen, dennoch tun sich manche in der IVW mit dem „Verbreitungs“-Begriff schwer, zumal er eine Verengung auf eine Zulieferung oder technische Nutzung vornimmt, hinter der nie ein Kontakt mit einem „Kopf“ also einem realen Menschen, der einen Werbeträger nutzt verbunden wird – weshalb die IVW ja nun schon über Jahrzehnte hinweg „nur“ Auflagen und keine Leser sowie Visits und keine User ausweist. Ob das aber in der immersiven always on-Medienlandschaft von heute noch zeitgemäß ist und ob man damit beispielsweise Subskriptionsangebote im Bereich paid content oder Streaming u.v.m. adäquat abbilden kann – fraglich?
Also mit dieser frühen Eingrenzung im Namen der IVW gibt es ein Problem, aber weiter. Was sieht man an den nun knapp ein dreiviertel Jahrhundert alten Dokumenten der IVW noch?